„Das Rheinland wartet auf uns“

fotos: copyright regina trabold;   v.l. Björn und Heike Liffers, Michael Wendt
fotos: copyright regina trabold; v.l. Björn und Heike Liffers, Michael Wendt

Altes Brauhaus Zwingenberg

 

 

 

Heike und Björn Liffers haben das „Alte Brauhaus“ in Zwingenberg geschlossen, weil die B3  für zwei Jahre voll gesperrt wird

 

 

„Das war’s, ab morgen ist hier Schicht“, ziehen Heike und Börn Liffers einen Strich unter Zwingenberg, wo sie immerhin fast zehn Jahre lang für ihre Gäste da waren. Zunächst fünf Jahre im „Café Piano“ (Obergasse), die restlichen viereinhalb im „Alten Brauhaus“. Zum Henkersmahl war der Biergarten am Montag (26.8.2019) noch einmal richtig voll. Küchenchef Michael Wendt half als „Montagskoch der ersten Stunde“ beim Kochen und Grillen.

 

Die Montagsköche waren ein Ausbildungskonzept, das von den Wirtsleuten ausging und u.a. den Küchenmeister Wendt einbezog: Zwei drei junge Leute jeweils im Service und in der Küche, die noch zur Schule gehen, um das Gastro-Fach zu lernen. Als Möglichkeit, sich auf die Prüfung vorzubereiten und unter Echt-Bedingungen zu arbeiten, kreativ zu werden - so wie zur Abschieds-Gala das Sorbet im Cocktail als „Planschbecken“ zu servieren.  „Mit denen zu kochen, hat richtig Spaß gemacht“, trauert Wendt einer Chance hinterher, die mit Heike und Björn Liffers Zwingenberg verlässt.

 

Nach dem „Planschbecken“ gab‘s „Röllchen vom Schweinerücken mit Linsensalat“ und „rosa gegartes Roastbeef mit Gemüse-Tortilla“ und eine  außen süße, innen gefrorene „Pina Colada“ vom Grill. Viele Gäste kamen aus Verbundenheit mit dem Wirtsehepaar zum Abschiedsdiner, und manch einem der Freunde stand beim Bye-bye das Wasser in den Augen.

 

Dass die beiden Vollblut-Gastronomen in Zwingenberg die Pforten schließen, hat mit der Baustellensituation auf der B3 zu tun. Zwei Jahre lang wird die Bundesstraße wegen Straßen- und Tiefbauarbeiten voll gesperrt sein. „Als es hieß, die Fahrbahn sei nur noch einseitig befahrbar, haben wir einen Notfallplan geschmiedet, und waren uns klar, das wird hart“, schildern sie die Situation, die sich zu einem handfesten Krach mit der Stadtverwaltung auswuchs. „Denn im Juni hieß es plötzlich, wir machen die Straße ganz zu. Und dann ging der Plan nicht mehr auf, wären die Ausfälle über den langen Zeitraum nicht mehr zu tragen gewesen, weil uns viele Gäste, aber auch Anlieferer nicht mehr erreicht hätten“, sind sich die beiden einig. Heike und Björn Liffers zogen die Notbremse. Bei Rathauschef Holger Habich stießen sie nicht nur auf taube Ohren. Der Bürgermeister meldete auf Facebook sogar Zweifel an, ob die Baustelle der wahre Grund für die Aufgabe des „Alten Brauhauses“ sei. „Wir hatten ein super Geschäft, aber mit der Baustelle vor der Tür war die Katastrophe programmiert“, sagt Liffers.

 

„Am 16.7.2019 wussten wir noch nicht, was aus uns wird“, erzählen die beiden. Küche und einen Großteil der Einrichtung wurde verkauft, der Verpächter ließ das Wirtsehepaar vorzeitig aus dem Vertrag, war aber nicht bereit, die Pacht zu senken. Dass sie sich trotz des Ärgers mit einem lachenden Auge verabschieden können, verdanken sie der Tatsache, dass sie in Neuss am Rhein neue Anstellungen und auf Anhieb eine Wohnung am Feldrand gefunden haben, die Kinder groß (sie hat zwei erwachsene Töchter, er einen 18 Jahre alten Sohn) und in der Ausbildung sind. Heike hat als ausgebildete Sozialpädagogin ebenso einen Job gefunden wie Björn als Ausbilder für junge Leute. Er werde zwar nicht mehr am Herd stehen, aber viel mit dem Nachwuchs zu tun haben. „Das Rheinland wartet auf uns“, rufen Heike und Björn Liffers ihren Gästen zu.

von Reiner Trabold

 

fotos copyright regina trabold