Interview – Die „Vinissima“-Vorsitzende Andrea Wirsching aus Franken über ein Netzwerk für Frauen
"Vinissima" wurde 1991 von sieben Weinfrauen am südbadischen Kaiserstuhl gegründet und zählt heute 460 Mitglieder. Die Erkenntnis, dass Frauen in der Weinbranche vor allem als Weinkönigen Schmuckwerk ansonsten aber unterrepräsentiert sind, war ein Teil der Motivation, das Frauen-Netzwerk zu gründen, zu dem sich Winzerinnen, Wissenschaftlerinnen, Weinhändlerinnen, Gastronominnen, Somilièren und Journalistinnen zusammengeschlossen haben. Aber auch der Austausch von Wissen und Erfahrungen, das persönliche Kennenlernen und die Solidarität untereinander sind wesentlicher Teil des Vinissima-Gedankens. Wir haben mit der Verbandsvorsitzenden Andrea Wirsching, Winzertochter aus den fränkische Iphofen, über „Vinissima“ gesprochen.
kus: Frau Wirsching, wie wichtig ist Ihnen das die Frau am Wein?
Andrea Wirsching: Wichtig. Denn die Weinwelt ist vor allem männlich. Frauen führen darin ein Nischendasein. Aus der Nische müssen sie raus. Das Netzwerk von „Vinissima“ ist dabei hilfreich und recht imponierend.
kus: Ein emanzipierender Befreiungsschlag?
Wirsching: Mit Emanzipation hat die Bewegung nichts zu tun. Über dieses Stadium sind wir längst hinweg.
kus: Warum bleiben die Weinfrauen unter sich?
Wirsching: Wir sind Berufsgruppen unter sich. Der Dialog untereinander gelingt ohne Männer besser, er ist offener, und wir haben sofort Vertrauen zu einander. Und keine Angst, sich zu blamieren. Das ist ein emotionaler Reflex auf das Gefühl, dass das Thema Wein von Männern dominiert wird. Frauen haben ein anderes Rollenverhalten, wenn Männer dabei sind. Sie verändern das Klima
kus: Also doch eine Art Emanzipation? Oder gibt es eine andere Erklärung?
Wirsching: Die Zeiten haben sich geändert. Früher gab es Wein als Schoppen am Männerstammtisch. Das Thema war wie das Bier männlich besetzt. Heute wird Wein zum Essen serviert, und deshalb sind Frauen viel präsenter.
kus: Wer gehört zu Vinissima?
Wirsching: Wir sind ein Netzwerk von Frauen. Nicht nur Winzerinnen, sondern auch Gastronominnen, Weinhändlerinnen und Journalistinnen. Wir definieren uns freilich nicht übers Frausein. Wir sind in Freude zusammen an Wochenenden zum Thema Wein. Es kommen Frauen, die etwas bewegt haben. Sterneköchin Lea Linster gehört beispielsweise zu Vinissima.
kus: Das klingt zwar ganz nett, kann aber doch nicht alles sein.
Wirsching: Richtig. Das Netzwerk will den Mitgliedern möglichst viel Nutzen bieten. Eine Kommunikationsplattform sein, Austausch und Hilfestellung untereinander spielen eine Rolle. Wir bieten beispielsweise Seminare für Buchhaltung im Weinbaubetrieb an. Wir unternehmen Weinreisen, bilden uns weiter, fachsimpeln, machen Lehrgänge. Das Angebot ist reichhaltig.
kus: Wie geht es weiter?
Wirsching: Wir werden größer, älter, besser. 2017 sind wir schon 26 Jahre alt. Eigentlich wollen wir gar nicht in Erscheinung treten, sondern im Stillen weiter wachsen und unser Selbstbewusstsein stärken.